„3 Fragen an …“ Ahmad Alkridi

Ahmad Alkridi

Wie ist das, wenn man neu in Deutschland ist? Wie funktioniert das Zusammenleben hier? Welche Werte sind den Menschen wichtig? Darüber haben wir mit Ahmad Alkridi gesprochen. Vor vier Jahren kam er aus Syrien nach Deutschland. Ein Gespräch über ungewohnte Lebensformen, den Wert der Gerechtigkeit und warum ein respektivolles Miteinander wichtig ist.

Welche Werte erlebst du in Deutschland als besonders wichtig? Was bedeuten diese Werte für dich?
Gleichheit und Gerechtigkeit spüre ich in Deutschland ganz stark. Hier sind alle gleich vor dem Staat und dem Gesetz. Wenn jemand gegen das Gesetz verstößt, kommt er vor Gericht. Unabhängig davon, ob die Person Atheist, Muslim oder Christ ist. Die Religion oder auch das Geschlecht spielen dafür keine Rolle. Dass alle vor dem Gesetz gleich sind, finde ich sehr angenehm. Das kenne ich aus Syrien nicht. In Syrien entscheidet häufig der Stärkste darüber, was gerecht ist. Dort wird die persönliche Würde von Menschen oft ohne Grund verletzt. Wenn jemand für etwas bestraft wird, passiert das häufig willkürlich. In Deutschland erlebe ich, dass die Werte Gleichheit und Gerechtigkeit für jeden gelten. Das bedeutet extrem viel Freiheit für den Einzelnen.

Für „Empowered by Democracy“ leitest du auch Seminare. Welche Werte möchtest du dort den Teilnehmenden vermitteln?
Es geht darum, andere Menschen mit ihren Werten zu respektieren und selbst Respekt zu erfahren. Ich finde, dass Religion zum Beispiel etwas sehr Persönliches ist. Du trägst ein Kopftuch? Dann ist das deine persönliche Sache. Für mich ist Toleranz der wichtigste Wert. Toleranz funktioniert unabhängig davon, welche Identität und welche Religion jemand hat. Für Syrien würde ich diese Frage anders beantworten. Dort würde ich mir mehr Gleichheit und Gerechtigkeit wünschen. Manchmal vermisse ich die Gerechtigkeit aber auch hier. In den Medien wird teilweise sehr allgemein über Geflüchtete diskutiert. Nur weil eine Person einen Fehler macht, ist das kein Grund, andere Menschen ebenfalls zu verurteilen. Die Herkunft sollte darüber nicht entscheiden. Damit sind wir wieder beim Thema Gleichheit und Gerechtigkeit und dass diese Werte für alle gelten sollten.

Was ist für dich wichtig, wenn man mit einer sehr gemischten Gruppe über das Thema Werte sprechen möchte?
Einander Mut zuzusprechen, um so zu leben, wie man möchte, finde ich ganz wichtig. Dass es in Deutschland lesbische und schwule Menschen gibt, ist für viele Muslime zum Beispiel erst einmal ungewohnt. Aber mit Toleranz und Respekt lernen wir, damit umzugehen. Dazu brauchen wir Zeit und die passenden Lernorte. In Seminaren können wir uns mit diesen Lebensformen auseinanderzusetzen und uns daran gewöhnen. In Gruppen versuche ich zunächst, den Hintergrund der Teilnehmenden kennenzulernen. Woher kommen sie? Wie sind sie aufgewachsen? Auf dieser Grundlage können wir dann über Werte sprechen. Wir sind alle Menschen. Tolerant zu sein und einander zu respektieren, macht das Zusammenleben einfacher. Toleranz hilft, Angst und Vorurteile abzubauen. Aber dafür müssen wir uns zunächst kennenlernen.

Über Ahmad Alkridi
Ahmad Alkridi studiert in Berlin Informatik. Vor vier Jahren ist er aus Aleppo in Syrien nach Deutschland gekommen. Ein Freund hat ihm von „Empowered by Democracy“ erzählt und ihn zu einem ersten Treffen mitgenommen. Damals ging es um das Thema „Identität“. Inzwischen leitet Ahmad Alkridi selbst Seminare. In seinem letzten Seminar ging es um deutsche und syrische Geschichte sowie um internationale Politik.